Fotografie

Von Edgar, am 19. Oktober 2020

Zuletzt am 29. Oktober 2020 überarbeitet

1Eines vorneweg: Ich bin bei Weitem kein Fotograf. Fotografie war auch nie eines meiner Hobbys. Allerdings musste ich lernen, meine digitale Spiegel­reflex­kamera, das Objektiv und die für mich erforderlichen Softwareprogramme zu bedienen, denn ich wollte unbedingt Nahaufnahmen von meinen Füllfederhaltern machen – und zwar hochauflösende. Daher ist auch keines der Fotos auf dieser Website verkleinert, wie das leider häufig der Fall ist.

2Zur Hard- und Software, die ich verwende, siehe II. Equipment.

I. Schärfentiefe

1) Zur allgemeinen Problematik

3Mit Schärfentiefe wird der Umstand beschrieben, dass bei der Fotografie regelmäßig nur ein gewisser Teilbereich des Bildes scharf erscheint, wohingegen der Rest ins sogenannte Bokeh verschwimmt. Auch unser Auge nimmt nur einen gewissen Teil scharf wahr, nämlich den Bereich, auf den wir uns fokussieren; den Rest können wir nicht detailreich wahrnehmen. Der mit der Schärfentiefe einhergehende Effekt wird künstlerisch genutzt, um irrelevante – oder gar unansehliche – Bereiche des Bildes auf ansprechende Weise auszublenden oder um den Fokus des Betrachters auf einen bestimmten Bereich zu lenken. In der Porträtfotografie etwa ist der Hintergrund häufig nicht relevant oder soll nur indirekt zur Stimmung beitragen. Im Folgenden etwa wollen wir nicht den Hintergrund, sondern das Gesicht darstellen:

face sharpAbb. 1 face blurryAbb. 2

4Wenn wir Nahaufnahmen machen, wird der Umstand, dass bei zunehmend geringerer Entfernung des Objektes zur Kamera ein immer größer werdender Bereich des Bildes unscharf erscheint, jedoch zu einem Problem. Denn wir wollen das Objekt auch nicht weg von der Kamera wegbewegen, sondern eine so hochauflösende Nahaufnahme wie nur möglich erstellen. An folgendem Bild sieht man, wie stark das Problem bei nur wenigen Zentimetern Entfernung zur Kamera und weit geöffneter Blende ausgeprägt sein kann: Es ist einfach so gut wie nichts wirklich scharf abgebildet. Das ist so nicht brauchbar:

Blende f/3.5 ▪ ISO 100 ▪ 0,62 Sekunden (1/1.6)blurryness exampleAbb. 3 Zoomblurryness example (zoomed)Abb. 4

5Wie gering die Schärfentiefe bei einer Nahaufnahme mit offener Blende ist, verdeutlicht auch folgendes Video, das ich aus 58 einzelnen Fotos mit unterschiedlichen Fokuspunkten zusammengesetzt habe:

  • Original
  • Zoom

6Die einfachste Möglichkeit, diesen Effekt zu verringern, besteht natürlich darin, die Entfernung zwischen Kamera und Objekt zu erhöhen. Eine bessere Möglichkeit, denn wir wollen Nahaufnahmen machen, ist, die Blendenöffnung zu verkleinern, wodurch die Belichtungszeit jedoch drastisch erhöht werden muss. Wir sprechen hier von mehreren Sekunden; jedenfalls, solange man kein starkes künstliches Licht einsetzt. Bei unbewegten Motiven ist das allerdings überhaupt kein Problem und auch den ISO-Wert können wir un­problematisch auf 100 belassen. Durch die kleinere Blendenöffnung entsteht ein insgesamt gleichmäßi­geres Bild; der störende Unschärfeeffekt wird weitgehend eliminiert. Indes sinkt – dadurch, dass weniger Licht ins Objektiv gelangt – streng genommen die Qualität. Bis zu einem gewissen Punkt ist das jedoch völlig vernachlässigbar. Ohnehin ist diese Methode kein Kunstfehler, denn die Alternative ist eine mitunter umfangreiche Nachbearbeitung, die nicht notwendigerweise mit einem besseren Ergebnis ein­hergehen muss. Zudem kommt es nicht allein auf eine möglichst hohe Schärfe an. Der Füllfedersammler mit dem Namen Zollinger etwa geht diesen Weg und fotografiert mit einer Blende von bis zu f/22:

Zollinger, in: penexchange.de, 13. Juli 2015

Natürlich ist die Tiefenschärfe (oder der Mangel davon) immer ein Problem in der Makrofotografie. Ich vermeide deshalb perspektivische Aufnahmen für die reine Dokumentation. Der Füller wird parallel zur Bildebene ausgerichte[t]. Bei Blende 22 ist so ausreichend Schärfentiefe vorhanden.

7Auf diese Weise hat er fast 1.500 überaus hochwertige Fotos erzeugt (Stand Oktober 2020), was auch daran liegt, dass er keine synthetischen Produktfotos anfertigt, die bei alten Füllfederhaltern ohnehin niemand sehen will, sondern realitätsnahe Abbildungen, sodass man eine sehr gute Vorstellung davon bekommt, wie ein solches Stück in der Wirklichkeit aussieht. Und gut zeichnen kann er übrigens auch:

„Montblanc Meisterstück 138“ von C.M.Z, 2014 (Quelle)„Montblanc Meisterstück 138“, C.M.Z, 2014Abb. 5

2) Methode 1: Blende schließen

8Bevor wir uns allerdings dem Focus Stacking widmen, möchte ich demonstrieren, wie groß der Vorteil einer geschlossenen Blende bei Nahaufnahmen tatsächlich ist. Die nachfolgenden Aufnahmen erfolgten mit einem ISO-Wert von 100 und mit einer Belichtungszeit von 1,6 Sekunden. Zunächst in Gegenüber­stellung ein überbelichtetes Foto mit einer Blende von f/3.3 und ein normalbelichtetes mit f/5.6:

Blende f/3.3 ▪ 1,6 Sekundenaperture 1Abb. 6 Blende f/5.6 ▪ 1,6 Sekundenaperture 2Abb. 7

9Brauchbar sind beide Fotos (unabhängig von der Belichtung) natürlich nicht. Man kann allerdings sehen, dass sich schon bei einer Blende von f/5.6 der scharfe Bereich deutlich erweitert hat.

10Stellen wir nun auf Blende f/11, ist noch einmal ein deutlicher Unterschied sichtbar. Das Foto ist nur unter­belichtet. Gehen wir letztendlich auf Blende f/16 und erhöhen die Belichtungszeit auf 6 Sekunden – ich habe kein künstliches Licht eingesetzt – bekommen wir ein ziemlich brauchbares Ergebnis:

Blende f/11 ▪ 1,6 Sekundenaperture 3Abb. 8 Blende f/16 ▪ 6 Sekundenaperture 4Abb. 9

11Bei f/18 und f/20 habe ich hingegen keine sichtbaren Unterschiede mehr feststellen können. Treibt man es auf die Spitze und stellt die Blende auf f/29, dann sinkt die Qualität. Das Bild wirkt leicht verwaschen, es geht an Schärfe verloren. Hier war eine Belichtungszeit von sage und schreibe 30 Sekunden notwendig: Blende f/29 ▪ 30 Sekundenaperture 5Abb. 10

3) Methode 2: Focus Stacking

12Doch das ist nicht alles. Wir können die Detailtreue nämlich noch weiter erhöhen, indem wir zwei Fotos anfertigen – eines mit Fokus oben auf der Feder und eines, auf dem der Fokus in die Tiefe versetzt wurde:

Fokus: Oben ▪ Blende f/16left (zoom)Abb. 11 Fokus: Unten ▪ Blende f/16right (zoom)Abb. 12

13Die beiden Fotos müssen nun exakt übereinandergelegt werden. Weil die Feder durch den veränderten Fokus auf dem rechten Foto geringfügig kleiner ist, müssen die Größen entsprechend aufeinander abgestimmt werden. Das müssen wir nicht von Hand machen, denn beide Aufgaben erledigt das frei verfügbare Kommandozeilen­programm align_image_stack (enthalten in Hugin\bin) recht zuverlässig. Das Resultat sind TIF-Dateien, die im Anschluss für das Focus Stacking verwendet werden.

14Die nachfolgenden Batch-Programme setzen voraus, dass sich das Programmpaket Hugin nach Installation im Verzeichnis C:\Program Files\Hugin und das Tool TuFuse in C:\Tools\tufuse befindet. Für die Bildbearbeitung gibt es den allgemeinen Ordner C:\Bildbearbeitung und für die jeweilige Bildbearbeitung die Unterordner C:\Bildbearbeitung\Feder.1 und C:\Bildbearbeitung\Feder.1\jpg, wobei die JPG-Dateien in den Ordner jpg müssen.

15Der folgende Code kann in eine Batch-Datei, z. B. align.bat kopiert werden. Die Option -m ist wichtig, weil sie das Field of View (FOV) optimiert, also die unterschiedlichen Bildgrößen aufeinander abstimmt:

C: && cd C:\Program Files\Hugin\bin

align_image_stack --use-given-order -c 32 -m -a "C:\Bildbearbeitung\Feder.1\aligned" "C:\Bildbearbeitung\Feder.1\jpg\*.jpg"

pause

16Sobald die Ausrichtung durch align_image_stack abgeschlossen wurde, können wir die daraus resultie­renden TIF-Dateien mit dem Programm TuFuse zusammenführen. Das funktioniert mit folgendem Code, den man z. B. in die Batch-Datei fuse.bat kopieren kann:

C: && cd C:\Tools\tufuse

tufuse -o "C:\Bildbearbeitung\Feder.1\result_tufuse_01.tif" "C:\Bildbearbeitung\Feder.1\aligned*.tif"

pause

17Im Optimalfall sieht das Resultat dann folgendermaßen aus – und das ohne jede Nachbearbeitung, vor allem ohne Einsatz eines Schärfefilters: fusing resultAbb. 13

18Hier noch einmal in Gegenüberstellung die fokussierte Aufnahme mit geschlossener Blende und das Ergebnis nach Focus Stacking. Der Rand der Feder ist besser abgebildet, auch wenn der Unterschied durchaus nicht sofort ins Auge springt: fusing result comparisonAbb. 14

19Ein Problem haben wir jedoch noch: Weil wir mit geschlossener Blende fotografiert haben, um den Schärfentiefe­bereich zu erweitern, haben wir nun auch den Hintergrund auf dem Bild (Abb. 13). Den wiederum wollen wir aber gar nicht scharf haben, zumindest nicht das Druckraster. Bei einer so hohen Auflösung (24,2 MP) ist eine entsprechende Nachbearbeitung jedoch normalerweise aber kein Problem:

20Dazu müssen wir die Feder mit dem Pfad-Tool in GIMP exakt ausschneiden und die Auswahl mit [Enter] bestätigen. Anschließend invertieren wir die Auswahl, kopieren diese und fügen sie als neue Ebene ein. Auf diese Ebene wenden wir anschließend einen Weichzeichenfilter (Filters ❯ Blur ❯ Gaussian Blur) an:

21Schließlich können wir noch mit der Farbtemperatur des Hintergrunds herumspielen; wie es einem eben am besten gefällt. Das GIMP-Projekt habe ich hier zum Download bereitgestellt:

GIMP-Datei „Faber Castell“ – ZIP-Archiv (80,95 MiB)

nib graynib plum

II. Equipment

Sowohl Kamera als auch Objektiv bekommt man auch oft gebraucht zu einem guten Preis; ich selbst habe beides zusammen für unter 500 € gebraucht gekauft – nur der Polarisationsfilter war neu.

Kamera – Auch wenn die Nikon D3300 (Baujahr 2014) streng genommen eine Einsteigerkamera ist, ändert das nichts daran, dass sie eine hervorragende Abbildungsqualität erzielt (CMOS, DX-Format). Sie verfügt, wie die damaligen High-End-Modelle, über keinen optischen Tiefpassfilter, was kein Nach-, sondern ein Vorteil ist, weil ein Tiefpassfilter die Qualität pauschal verringert, nur, um eher selten auftretende Bildfehler wie Moiré-Effekte zu verhindern.1 Teurere Modelle, zumindest im DX-Format, bringen eigentlich keine Verbesserung in Sachen Abbildungsqualität, das ist mehr eine Frage des Objektivs. Die Unterschiede äußern sich eher in anderen Eigenschaften wie z. B. einem brauch­baren Autofocus – der eben bei der D3300 ausgesprochen miserabel, für die unbewegte Makrofoto­grafie allerdings auch nicht nötig ist. Eine gebrauchte D5500 (2015) oder D5600 (2016) wäre heutzutage gleichwohl die bessere Wahl, vor allem, weil man bei diesen Modellen den Bildschirm ausklappen bzw. drehen kann und dieser geringfügig größer ist.

Polarisationsfilter – Der Polarisationsfilter dient dazu, Reflektionen – in erster Linie auf nichtmetallischen Oberflächen – zu unterdrücken. Es geht hier um polarisiertes Licht, nicht um Spiegelungen, wie sie durch metallische Oberflächen erzeugt werden2. Wenn man einen verwendet, sollte man m. E. auf einen sehr hochwertigen zurückgreifen, um Schärfe oder Farbdarstellung nicht negativ zu beeinflussen. Ein Nachteil ist, dass beim Einsatz eines Polarisationsfilters die Belichtungszeit erhöht werden muss.

Künstliches Licht – Ich fotografiere normalerweise nur unter natürlichem Tageslicht. Mein (günstiges) Ringblitzgerät verwende ich nur, um das Motiv beim manuellen Fokussieren besser sehen zu können.

Ich greife nur auf frei verfügbare Software zurück:

  • Bildbearbeitung: GIMP für Rastergrafiken + Inkscape für Vektorgrafiken
  • Focus Stacking: align_image_stack für die Ausrichtung + TuFuse für das eigentliche Fusing
  • Um NEF-Dateien in JPG-Dateien zu konvertieren: darktable

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